Denkmalschutz- reine Willkür?

 

 

Artikel von Noemi Wanner, Studentin der Kunstgeschichte an der UZH

Bei einem Praktikum in der Denkmalpflege wurde mir bewusst, dass für viele Leute der Begriff eines Denkmales völlig unklar ist, und dass der Wert eines Objektes oft falsch eingeschätzt wird. In diesem Artikel möchte ich aufzeigen, dass entgegen der gängigen Meinung, nicht einfach nur besonders alte, oder prunkvolle Objekte einen denkmalpflegerischen Wert besitzen. In zwei Teilen versuche ich zu erläutern, was eigentlich ein Denkmal ist, wie der denkmalpflegerische Wert eines Objektes zustande kommt und wie der Schutz dieser Objekte in der Praxis aussieht. Beispiele aus der Denkmalpflege Schaffhausen werden mir als Aufhänger und Wegweiser dienen.

 

Das Bedürfnis der Erinnerung

 

Hast du dir schon einmal die Frage gestellt, was ein Denkmal zu einem Denkmal macht? Beginnen wie von vorne: Der Mensch hat das Grundbedürfnis nach Erinnerung. Dies zeigt sich zum Beispiel in der Fotografie, von Urlaubsfotos über Familienporträts, alles wird festgehalten. Das kann natürlich im Privaten Rahmen stattfinden, jedoch gibt es nicht nur die persönlichen Erinnerungen eines Einzelnen, es gibt auch die kollektiven Erinnerungen. Dinge, an die sich die Gesellschaft erinnert. Das können die verschiedensten Dinge sein, angefangen bei der Geschichte des Dorfbrunnens, über den Kantonswappen, der Rütliwiese, bis hin zur Altstadt von Bern als UNESCO Weltkulturerbestätte. Der Mensch hat als Gesellschaft das Bedürfnis Vergangenes zu bewahren. Gegenstände werden zum Beispiel in Museen aufbewahrt und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Doch wie funktioniert dieses Prinzip mit ortsgebundenen Objekten, einem Gebäude oder einer Landschaft? Genauso wie Gegenstände, fungieren diese Objekte als materielle Erinnerungsträger, die ein Anrecht auf Erhaltung durch die Gemeinschaft haben.

 

Arten von Denkmäler

 

Nun kommen wir dem Kern der Sache näher. Der Oberbegriff des «Denkmals» setzt sich aus verschiedenen Arten von Denkmäler zusammen. Es gibt Denkmäler, die bewusst als solche gebaut wurden. Beispielsweise das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin. Weiter muss man zwischen Naturdenkmälern wie Gletscher, Bodendenkmälern wie der Uetliberg mit prähistorischen und mittelalterlichen Siedlungsspuren und Baudenkmälern wie dem Helmhaus in Zürich unterscheiden. In diesem Beitrag wird der Fokus auf die Baudenkmäler - die ortsgebundenen Objekte - gelegt, die einen geschichtlichen Zeugniswert besitzen. Sie können Zeugnis jeglichen menschlichen Wirkens sein, seien dies historische Ereignisse und Entwicklungen, künstlerische Leistungen, soziale Einrichtungen oder auch technische Errungenschaften.

 

Wert eines Baudenkmals

 

 

Nun stellt sich die Frage, warum ein Gebäude oder ein Garten ein Denkmal und damit schützens- und erhaltenswert für die Nachwelt sein soll. Den Wert eines solchen Denkmals setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen.

●      Ist das Objekt ein repräsentativer Vertreter einer bautypologischen Entwicklung, einer Baugattung oder Baukunst?

●      Ist das Objekt entscheidend für die Siedlungs- und Ortsbildliche Geschichte?

●      Ist das Objekt ein wichtiger Zeuge von sozial- und Wirtschaftsgeschichte?

●      Besitzt das Objekt einen historischen Wert?

 

Vier Zeitzeugen

 

Diese vier Fragenbereiche sind nicht immer eindeutig zu beantworten, und selten trifft nur ein Faktor zu. Oftmals sind es kombinierte Aspekte, welche einem Objekt den Wert eines Denkmales geben. An dieser Stelle sind vier Beispiele für die verschiedenen Fragebereiche aufgeführt, alle diese Beispiele stammen aus der Stadt Schaffhausen und sind dort im Verzeichnis der schützenswerten Kulturdenkmäler (VKD) aufgenommen:

 

 

Das Pestalozziheim, wurde 1917-1918 als Privatschulhaus durch den Architekten Karl Moser erbaut und ist ein besonders ausgeprägter und qualitätsvoller Vertreter des Neoklassizismus.

 

 

Die Häuserzeile "13 Orte" am Eingang der Stokarbergstrasse liegt, ist ein wichtiger Zeuge der Siedlungsentwicklung. Die Gebäude sind im 16./17. Jahrhundert an der Ausfallachse der Stadt Schaffhausen Richtung Neuhausen und Klettgau entstanden.

 

 

Die Siedlung Rittergut wurde zwischen 1872 und 1873 durch Johann Conrad Oechslin für die Gesellschaft zur Erstellung billiger Wohnungen (GEbW) erstellt und ist die älteste Arbeitersiedlung Schaffhausens.

 

 

Das Wasserreservoir in Hemmental wurde 1912 in Folge des verheerenden Dorfbrands von 1909 erstellt und ist somit ein wichtiger Zeuge für dieses historische Ereignis.

 

Fazit

 

Alle diese Beispiele erinnern uns an vergangene Zeiten, an die Gesellschaft und Lebensumstände, welche heute meist nicht mehr existieren. Jedes Denkmal ist einzigartig und mit dem Ort, wo es steht, eng verbunden. Darum machen Denkmäler unsere Dörfer, Städte und Landschaften unverwechselbar. Sie schaffen Vertrautheit mit einem Ort und erzeugen Identität.

Im zweiten Teil werden die verschiedenen Arbeitsschritte in der Denkmalpflege anhand eines Beispielobjekts genauer erläutert, um einen Einblick in die Arbeitsweisen und Aufgaben zur Erhaltung von Baudenkmälern zu geben.

Literatur

- Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz, Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege, 2004.

- Praktische Denkmalpflege, Petzet/Mader, 1995.

- Schaffhausen. Geschichte - Stadt - Zukunft. Eine Publikation zum Verzeichnis der schützenswerten Kulturdenkmäler (VKD) der Stadt Schaffhausen, Denkmalpflege Schaffhausen, 2019.

- https://www.denkmalpflege.ch/was-sind-denkmaeler.html

 

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